Ein Interview mit Christoph Brack (Ratepay) über Bezahlmodelle, FinTechs und Finanzdienstleistungen im Metaverse.
Im Rahmen unseres Newsletters beschäftigen wir uns in der aktuellen Ausgabe mit dem Thema “Metaverse”.
Spätestens als aus Facebook „Meta“ wurde, ist das Thema „Metaverse“ auch in der breiten Öffentlichkeit angekommen. Aktuell wird es kontrovers diskutiert. Für die einen ist es die nächste digitale Revolution, für die anderen ein Hype, der kritisch beäugt und kommentiert wird.
Wie das Metaverse die Art und Weise finanzieller Transaktionen v.a. im Endkundenbereich verändern könnte und welche Rolle Fintechs hier spielen könnten, dazu habe ich mit Christoph Brack, Head of Marketing & Communication bei Ratepay gesprochen.

Christoph Brack ist Head of Marketing & Communication bei Ratepay, Europas White-Label- Zahlungsanbieter Nr. 1. und deutsches Vorzeige-FinTech. Zuvor war er u.a. bei der Strategie- und Innovationsberatung trommsdorff + drüner tätig und als Brandmanager bei Red Bull.
Christoph Brack über die Rolle von FinTechs im Metaversum
Im Gesundheitsbereich ist das Metaverse mit viel Hoffnung für eine bessere Prävention, Versorgung und Nachsorge geknüpft. Manche Experten sprechen gar von einer digitalen Revolution. Welchen Impact wird das Metaverse auf zukünftige Finanzdienstleistungen und Finanzdienstleister haben?
Das ist natürlich nicht so leicht vorherzusagen. Das Metaversum ist gerade erst entstanden und diese ganzen technologiegetriebenen Veränderungen passieren so schnell und organisch, dass es zu früh ist, für ernsthafte Vermutungen, wohin die Reise geht.
Ich bin aber ziemlich sicher, dass das Metaversum nahezu jede Branche und Funktion revolutionieren wird. Vom Gesundheitswesen bis zu Konsumgütern und Unterhaltung und natürlich auch bei uns im Finanzbereich.
Von manchen Bankinstituten können wir bereits heute erste Gehversuche beobachten. JP Morgan z. B., die mit der „Onyx“-Lounge Anfang des Jahres eine virtuelle Präsenz im Metaversum eröffnet haben. Besucher:innen können sich hier u. a. über Kryptowährungen informieren. Zukünftig will die Bank auch Kredit- und Mietverträge in der Parallelwelt anbieten.
Ich persönlich finde diese Konzepte zwar interessant, aber auch sehr naheliegend. Viel spannender sind für mich Überlegungen darüber, welche Rolle Fintechs zwischen den verschiedenen Metaversen einnehmen werden.
Ich denke, dass ihnen eine zentrale Rolle sicher sein wird, z. B. bei der Authentifizierung von Währungen, Personen, Gütern oder beim Umtausch von Kryptowährungen.
Die gebräuchlichste Zahlungsmethode im heutigen Metaverse erfolgt über Blockchain-basierte, digitale Währungen, mit denen Waren und Dienstleistungen von Händlern innerhalb des Metaversums gekauft werden können. Sind traditionelle Zahlungsmittel im Metaverse ein Auslaufmodell?
Insgesamt lässt sich sagen, dass die Szene, aus der die aktuellen Vordenker:innen und Gestalter:innen des Metaversums kommen, eine sehr große Affinität zu Kryptowährungen hat. Auf den bekannten Plattformen wird zum Beispiel mit Bitcoin und Ethereum bezahlt. Der Anbieter Decentraland dagegen arbeitet mit der hauseigenen Kryptowährung Mana und The Sand bietet auch eine eigene Währung an, die schlicht „Sand“ heißt.
Wenn wir jedoch in die nahe Zukunft blicken, ist die eindeutige Antwort: Nein.
Wir sind technologisch einfach noch nicht weit genug und es wird etwas dauern, bis sich Blockchain-basierte Digitalwährungen allumfassend durchsetzen. Bis dahin wird es Tech-Stacks geben, die auf Blockchain basieren und parallel auch solche, die auf digitalen Fiat-Währungen beruhen und an diese gekoppelt sind.
Das zeigt sich auch schon bei konkreten Konzepten wie der Starbucks Odyssey. Damit wollte Starbucks bewusst nicht nur Krypto-Natives ansprechen, indem Sie den Zugang ins Metaversum vereinfachen. Darin können Starbucks Rewards-Mitglieder NFTs in limitierter Auflage kaufen und eintauschen, um sich Prämienvorteile zu sichern und digitale Abzeichen, sogenannte „Journey Stamps“, zu verdienen. Die können wiederum für Dinge wie virtuelle Espresso-Martini-Kurse oder internationale Reisen eingelöst werden – das alles ohne ein eigene Kryptowallet zu besitzen.
Der stationäre Handel experimentiert aktuell mehr und mehr rund um das Thema “Einkaufen ohne Kasse”. In einer digitalen Welt eines Metaverse funktioniert das natürlich noch viel einfacher. Auch der für den eCommerce wichtige Part des Check-out könnte perspektivisch wegfallen. Ist das eine Chance oder zukünftige Hürde für den Online-Handel?
Aus Sicht eines Online-Händlers geht es ja darum die Customer Journey so reibungslos und einfach wie nur möglich zu gestalten – vom Suchen über das Selektieren und Anprobieren bis zum Bezahlen eines Produktes.
Sollte das Metaversum es schaffen, den Check-out so zu automatisieren, dass der gar nicht mehr als solcher wahrgenommen wird, dass also der oftmals komplizierte Conversion-Killer-Prozess des Bezahlens wegfällt, wäre dies eine durchaus bahnbrechende Verbesserung.
Spannend wird es sein, zu sehen, wie die Händler:innen den Handshake mit den Kund:innen gestalten werden, also das Besiegeln des Kaufvertrags. Denn trotz all der Reibungslosigkeit, bleibt zu erwarten, dass Kund:innen sich bewusst für ein Produkt entscheiden und nicht erst bei der Abbuchung im Kryptowallet feststellen wollen, dass sie etwas eingekauft haben.
Ist es abzusehen, ob die neuen Erfahrungswelten der unterschiedlichen Metaversen das Verhalten der Nutzer*Innen beim Thema “Payment” verändert?
Wir hoffen, dass wir die Zahlungs-Experience im guten Sinn verändern, also verbessern werden.
Doch die Herausforderungen, die ich aktuell sehe, sind nicht weniger gering, als die Herausforderungen, die wir mit dem Thema Bezahlen heute haben.
Denn, wie bereits erwähnt, wird es ja nicht ein Metaversum, sondern mehrere Metaversen geben, die auf unterschiedlichen Plattformen stattfinden und mit unterschiedlichen Währungen auf unterschiedlichen Tech-Stacks beruhen.
Ziel muss es sein, die User-Experience über alle Metaversen, Währungen und Tech-Stacks hinweg so reibungslos wie möglich zu gestalten
American Express strebt danach, dass seine realen Zahlungskartendienste im Metaverse funktionieren. AmEx erwägt die Bereitstellung von Kartenzahlungen, Geldautomatendiensten, Bankdiensten und Betrugserkennung für Kunden im Metaversum. Wird Ratepay seinen Kunden für den Einkauf im Metaverse oder sogar ganzen Metaverse-Plattformen eine Buy-now-pay-later-Lösung anbieten können? Technisch ist das sicherlich nicht trivial.
Als Unternehmen setzten wir uns mit dem Thema Metaverse auseinander, allerdings eher in einer beobachtenden als in einer gestaltenden Rolle.
Insgesamt beurteilen wir den Markt wie oben erwähnt als noch zu unreif, um mit konkreten Piloten auf einer der Plattformen aufzuschlagen.
Der Gedanke, den Verbraucher:innen ihre beliebteste Zahlungsmethode auch im Metaversum anzubieten, geht uns natürlich durch den Kopf und wir freuen uns schon auf den Zeitpunkt, an dem sich genauer einschätzen lässt, wie lohnenswert das Investment ist.
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