5 Fragen an: Tobias Kremkau Coworking Manager und Berater für die Transformation von Arbeit

Macht Arbeit glücklich?

Ja, Arbeit kann glücklich machen.

Und bei der vielen Lebenszeit, die wir mit und auf der Arbeit verbringen, sollte sie das auch. Tut sie es nicht, würde man nur sein Leben mit Arbeit vergeuden und dazu ist es einfach zu kostbar.

Mir fallen viele Sachen ein, die mir dann wichtiger wären als Arbeit. Zum Glück kann ich das, was mir Spaß macht, was ich als Person sein will, auch Arbeit nennen und mich so mit jedem Tag auf Arbeit auch ein Stück selber verwirklichen.

Wo arbeitest du am liebsten?

Das mag für einen Coworking Manager, der selber zwei Coworking Spaces verwaltet und für andere Unternehmen auch Coworking Spaces entwirft, etwas seltsam klingen, aber ich arbeite am liebsten in einem gut besuchten Café.

Die Geräuschkulisse eines leicht lärmenden Cafés, indem einzelne Gespräche im Klang der Masse untergehen, gibt mir die Möglichkeit, in meinen persönlichen Flow einzutauchen und dadurch wesentlicher fokussierter zu arbeiten.

Ein Thema für das Du in der Öffentlichkeit stehst, ist Coworking. Tobias, Hand aufs Herz: Für die meisten Freelancer bedeutet Coworking doch lediglich ein gemeinsamer Drucker, WLAN und ein Gesprächspartner nachmittags zum Kaffee. Was kann Coworking darüber hinaus leisten?

Vor allem den zuletzt genannten Vorteil einer Mitgliedschaft in einem Coworking Space, würde ich nicht unterschätzen.

Manche Menschen können vielleicht ausgezeichnet von Zuhause aus arbeiten, andere fühlen sich dort wiederum einsam. Und der Kaffee schmeckt auch selten so gut wie im St. Oberholz.

Darüber hinaus ist das Gespräch mit jemanden, der etwas vollkommen anderes arbeitet als man selbst, vielleicht auch noch von woanders herkommt und einen anderen Werdegang als man selbst hat, oft sehr inspirierend. Wir sprechen dann von dem Phänomen der Serendipität, der zufälligen Beobachtung von etwas Zufälligem, das sich dann als sehr wertvoll für einen erweist.

So entstehen Innovationen und auch Netzwerke, die meines Erachtens, nicht nur für Freelancer allein, immer wichtiger für die heutige Arbeitswelt werden.

Es geht beim Coworking um mehr als das Teilen der Infrastruktur eines Coworking Spaces.

Du bist Mitgründer des deutschen Co-Working-Verbandes. Warum braucht es in Deutschland für jede Interessengruppe einen Verband? Geht das nicht auch ohne?

Dieses Land kann wahrscheinlich nicht ohne die Versionierung von Begrifflichkeiten und Verbandsarbeit existieren bzw. auch nur irgendwas im Ansatz verstehen.

Auf das 4.0 haben wir im Namen des Verbandes verzichtet, aber mit der englischsprachigen Bezeichnung als German Coworking Federation (GCF) auch bewusst eine internationale Bezeichnung gewählt.

Wir leisten aber keine klassische Verbandsarbeit, wie man das vielleicht denkt, sondern haben es uns zur Aufgabe gemacht, die Coworking-Kultur bekannter zu machen und zu erklären. Einmal im Jahr organisieren wir beispielsweise die jährliche COWORK Konferenz & Barcamp, das nächste Mal vom 9. bis 11.03.2018 in Bremen.

Alle drei Monate bieten wir als GCF an wechselnden Orten in Deutschland Workshops für Menschen an, die ein Coworking Space gründen wollen oder gerade gegründet haben.

Da geben dann erfahrene Coworking Manager ihr Wissen weiter. Das ist äußerst wichtig, denn Coworking Manager ist kein Ausbildungsberuf und es gibt an sich keine Literatur dazu. Aber diese Erfahrungen zu teilen ist wichtig und oft der einzige Weg, etwas zu lernen.

Das braucht es auch, denn laut der Global Coworking Survey von 2017, sind rund 40 Prozent der Coworking Spaces in Deutschland jünger als 12 Monate. Und für diese Gründer*innen ist die GCF als Plattform des Wissensaustausches da.

Die Digitalisierung der Wirtschaft, aber eigentlich aller Lebensbereiche, ist momentan ein großes gesellschaftliches Thema. Ist Coworking eine Folge der Digitalisierung der Arbeitswelt oder steht das Konzept für sich alleine?

Coworking ist kein Ergebnis der Digitalisierung der Wirtschaft, durchaus aber Ausdruck der neuen technologischen Möglichkeiten, die mit der WLAN-Technologie und tragbaren Computern einhergingen.

Doch egal welche technologische Entwicklung vielleicht alternativ gekommen wäre, sind die fünf Grundwerte des Coworking – Offenheit, Kollaboration, Nachhaltigkeit, Gemeinschaft und Zugänglichkeit – unabhängig von Wirtschaftsformen oder Technologie.

Coworking ist eine kulturelle Entwicklung in unserer Arbeitswelt, die einfach andere Vorstellungen, wie man arbeiten möchte, betont.

Vor Kurzem habe ich zufällig auf einer Informationstafel des Bürger*innentreffs „Kleine Markthalle“ in Stendal entdeckt, dass man sich dort in der sozialen Arbeit zwischen Zuflucht suchenden Menschen und den ihnen helfenden Ehrenamtlichen, auf genau diese fünf Coworking-Werte beruft.

Das fand ich sehr faszinierend, aber auch nachvollziehbar. Da ging es nicht um MacBooks, WLAN oder Drucker. Das sind alles nur Features eines Coworking Space.

An diesem Ort ging es um die Zusammenarbeit von Menschen, genau wie beim Coworking. Und das ist die wirkliche, gesellschaftliche Bedeutung von Coworking.

Vielen Dank für das Interview!

Tobias Kremkau ist Coworking Manager des St. Oberholz in Berlin.

Zusammen mit Ansgar Oberholz hat er das Institut für Neue Arbeit (IfNA) gegründet und berät Unternehmen zu Fragen der Transformation von Arbeit.

Tobias hat Politikwissenschaft in München, Venedig und Berlin studiert, bevor er u. a. für Unternehmen wie McKinsey & Company Inc., Tumblr Inc., Bündnis 90/Die Grünen, das Internet & Gesellschaft Co:llaboratory und die Netzpiloten AG arbeitete.

Er ist Mitgründer der German Coworking Federation (GCF) und war bis April 2017 im Vorstand der Federation aktiv.

Bild von: Carolin Saage

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