Marken wie Pan Am oder TWA waren einst die Königinnen der Lüfte – und vor allem der Herzen. Sie galten als Inbegriff von Stil, Fortschritt und Abenteuerlust. Heute existieren sie nur noch als Retro-Motive auf T-Shirts oder in Instagram-Reels nostalgischer Reiseinfluencer. Was ist passiert – und vor allem: Was können wir daraus lernen?
Der Blick auf diese beiden einst ikonischen Marken offenbart ein Prinzip, das heute mehr denn je gilt:
Selbst starke Marken brauchen ständige Markenarbeit. Wer stillsteht, verliert.
Mythos reicht nicht – warum selbst Ikonen alt werden
Pan Am und TWA hatten alles, was eine Marke braucht:
Wiedererkennbarkeit, starke Symbolik, emotionale Aufladung, kulturelle Relevanz. Und trotzdem: Irgendwann reichte es nicht mehr. Die eine zerbrach an wirtschaftlichen Fehlentscheidungen, die andere an strategischer Selbstüberschätzung. Beide an einem Mangel: An Anpassung.
Markenführung heute bedeutet nicht, etwas einmal zu schaffen und dann zu verwalten. Es bedeutet, konstant am Puls der Zeit zu bleiben, ohne das eigene Markenerbe zu verraten.
💡 Learning für heute:
Marken brauchen ein Frühwarnsystem für kulturellen Wandel. Die größte Gefahr ist nicht der Wettbewerb – es ist die eigene Selbstzufriedenheit.
Von Jetset zur Bruchlandung: Die Marke als System, nicht als Fassade
Pan Am stand für die Goldene Ära des Fliegens. TWA war die stilvolle Alternative mit Designer-Terminals und Hollywood-Glamour. Doch beide verstanden Marke zu sehr als ästhetische Oberfläche. Was fehlte: ein integriertes Markensystem, das die operative Realität mit dem Markenversprechen synchronisiert.
Markenführung heute ist ein Spiel aus Frontstage und Backstage. Wenn das Kundenerlebnis nicht zum Markenversprechen passt, wirkt selbst der schönste Claim wie eine Lüge.
🧭 Learning für heute:
Marke ist kein Designprojekt – sie ist ein Organisationsprinzip. Sie muss nicht nur sichtbar, sondern erlebbar sein.
Moderne Markenführung
Raus aus
retro.
Von der Ikone zum Rebranding-Case: Narrative als Kapital
Heute sind Pan Am und TWA tote Airlines – aber lebendige Marken. Ihre Logos tauchen wieder auf. Es gibt das TWA-Hotel in New York. Es gibt Serien, Dokus, Retromode. Warum?
Weil die Marke selbst zur Geschichte wurde. Zur Projektionsfläche. Zum Kultobjekt.
Das zeigt: Narrative überleben Geschäftsmodelle. Eine starke Markenstory kann auch nach dem wirtschaftlichen Tod weiterleben – und bietet Potenzial für Reanimation, Kooperationen oder ganz neue Geschäftsmodelle.
🎬 Learning für heute:
Markenführung muss narrative Tiefe schaffen. Die Frage ist nicht: Was verkaufen wir?
Sondern: Welche Geschichte erzählen wir – und warum?
Marken am Abgrund? Das kann ein Geschenk sein.
Wenn Marken heute unter Druck geraten – ob durch Disruption, Bedeutungsverlust oder wirtschaftliche Schieflage –, ist das nicht das Ende. Es ist oft die beste Gelegenheit für eine echte Transformation. Was man braucht:
- Mut zur radikalen Ehrlichkeit: Was funktioniert nicht mehr?
- Strategische Empathie: Was bewegt die Zielgruppen heute wirklich?
- Relevanz-Check: Wofür braucht es uns (noch)?
Eine Marke am Limit ist gezwungen, sich neu zu justieren. Sie muss Substanz zeigen, keine Show. Und das ist oft der Anfang von etwas viel Besserem.
🔄 Learning für heute:
Krisen sind kein Grund zur Scham, sondern zur Neuausrichtung. Große Marken entstehen oft in der zweiten Geburt – nicht in der ersten.
Moderne Markenführung heißt: Dauerhafte Bewegung in drei Achsen
Moderne Markenführung ist kein Projekt, sondern ein Prozess. Sie bewegt sich ständig in drei Richtungen:
- Vergangenheit: Was macht unsere Herkunft aus?
- Gegenwart: Wie erleben Menschen uns jetzt, an jedem Touchpoint?
- Zukunft: Welche Rolle wollen wir künftig spielen?
Die Kunst liegt im Gleichgewicht. Wer nur auf Herkunft setzt, bleibt stehen. Wer nur auf Trends setzt, wird austauschbar. Wer beides intelligent verbindet, schafft eine resiliente, anschlussfähige Marke.
🧠 Fragen zur Selbstprüfung für Markenverantwortliche:
- Haben wir noch ein echtes „Warum“ – oder nur noch ein hübsches „Wie“?
- Wann haben wir das letzte Mal radikal ehrlich auf unsere Marke geschaut?
- Haben wir ein Zukunftsbild, das über die nächsten 12 Monate hinaus reicht?
Pan Am und TWA waren grandiose Marken – und tragische Warnungen. Sie zeigen uns, wie weit man mit Emotion, Design und Vision kommen kann – aber auch, wie schnell man fällt, wenn man stehen bleibt.
Für alle, die heute Verantwortung für Marken tragen, gilt:
Marke ist kein Denkmal. Sie ist Bewegung, Beziehung, Bedeutung. Und genau deshalb braucht sie ständige Aufmerksamkeit.
Moderne Markenführung heißt nicht: schön aussehen. Sondern: relevant bleiben.
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Foto von Eduardo Velazco Guart auf Unsplash